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"Zitat. "
ch war so kaputt, dass ich versuchen wollte mir das Leben zu nehmen, aber als allerletzten Versuch meiner Mutter von erzählen wollte. Ich hatte zwar Angst vor ihr und sie gehasst, aber ich musste mich jemandem anvertrauen, und das war immer noch besser als sterben. Aber sie hat mich erst nur leer angeschaut und dann ausgelacht und dann das Gespräch beendet. Ich hab die Welt nicht mehr verstanden, wollte mir dann wirklich etwas antun und kam in eine Klinik. Die hatten mich irgendwann an eine andere überwiesen und so trat ich mit 19 meinen 6. Klinikaufenthalt an.
Und dann geschah es. Eines Tages kam einfach alles zurück. Ich hatte während ich in der Klinik war den Arbeitskollegen angezeigt und eine ziemlich anstrengende Befragung erlebt, war dann wieder auf dem Gelände und erinnerte mich plötzlich an so viele Sachen. Meine Mutter hat mich seit ich denken kann sexuell missbraucht. Sie hat alles mit mir gemacht, wirklich alles was man sich vorstellen und nicht vorstellen kann. Ich kann mich an mein Leben vor dem Alter von 8 Jahren nicht erinnern, aber auch danach fanden Taten statt bis ich dann mit 18 ausgezogen bin.
Mit 20 kam es in einer Beziehung durch meine Exfreundin dann wieder zu einem Übergriff.
Aber mir hat nie jemand geglaubt, keine einzige Tat, und irgendwann habe ich aufgehört zu reden. Mit 21 kam ich wieder in eine Klinik und mir wurde das erste Mal zugehört. Ich bekam ein Täterkontaktverbot ausgesprochen und wurde dort stabilisiert weil ich stark anorektisch war. Anschließend kam ich in eine Traumaklinik, eine ganz wunderbare, aber ich konnte von der Therapie nicht profitieren weil ich mich nie an die Stunden erinnern konnte.
Das fanden die Behandler*innen in Kombination mit der Traumavorgeschichte sehr verdächtig und nach einer langen Diagnostik wurde mir dann eine dissoziative Identitätsstörung diagnostiziert.
Die Klinik in welcher ich zur Stabilisierung war hat mir das Leben gerettet. Es hat mir das Leben gerettet, dass mir zugehört wurde und ich mit 21 endlich eine kPTBS diagnostiziert bekam. Davor meinten alle Therapeut*innen immer ich würde mich nur nicht genug anstrengen, ich hätte ja gar keinen Grund so drauf zu sein, meine Eltern würden mich ja lieben. Die könnten mich garnicht körperlich, psychisch oder sexuell misshandeln.
In der Traumaklinik konnten wir wegen der DIS-Diagnose dann keine Traumaarbeit/Konfrontation des Traumas machen weil die Gefahr einer Retraumatisierung durch die Innenkinder zu hoch war und am Anfang hat mich das auch extrem gestört.
Aber mit der Zeit habe ich gelernt meinen Kopf zu schätzen. Ich bin dankbar, dass er mich am leben gehalten hat indem das Schlimme auf die anderen Anteile verteilt wurde.
Ich will inzwischen leben und bin dankbar da zu sein.
Immer wieder vertrauen mir die traumatisierten Anteile Sachen von früher an und ich bin jedes Mal so verstört davon und muss darauf klar kommen, dass solche Sachen passiert sind. Aber ich habe inzwischen gelernt, dass es vorbei ist und egal wie sehr es schmerzt und wie sauer ich bin dass meine Kindheit und Jugend für die Tonne war, ich lebe noch.
Ich habe inzwischen durch die inneren Anteile erfahren, dass es viele Täter*innen waren und meine Mutter nicht allein war. Aber auch sowas wird nur nach und nach mit mir geteilt. Und ich bin dankbar dafür. Dankbar, dass die anderen Anteile wissen wie viel sie mir auf einmal zumuten können und dann auch wieder aufhören mit dem berichten.
Zwar bin ich wütend auf alle die mich nie gesehen haben, mir nicht glauben wollten, mein Vertrauen missbraucht haben, aber ich lebe. Ich habe inzwischen wundervolle Menschen welche mich unterstützen, eine tolle Therapeutin, die Klinik in welche ich immer wieder für eine Intervallbehandlung zurückkehren werde und die extra eine DIS-Gruppe haben. Das System weiß dank der Therapie in der Klinik endlich was es für die Zukunft will, wir sind finanziell stabil und glücklich dort wo wir wohnen. Wir haben gelernt was uns gut tut, so tolle Hobbies entdeckt und haben inzwischen Mitgefühl mit jedem Anteil im System und wissen wie man die meisten glücklich machen kann. Unser Leben ist endlich gut, auch wenn es mal die Hölle war.
Und ich weiß, dass wieder schlimme Tage kommen werden, sicher auch schlechte Wochen und Monate, aber ich habe inzwischen wundervolle Menschen um mich herum und weiß, dass die mich auffangen werden.
Aber eine Sache die wünsche ich mir so sehr: dass Betroffenen ehrlich geglaubt wird, dass wir gesehen werden; weil es Leben rettet. Der Missbrauch wird nie zu stoppen sein, aber man kann früher vor den Täter*innen gerettet werden. Und wenn wir ewig weiter schweigen dann wird die Gewalt weiter im Geheimen stattfinden und nie greifbar sein. Kinder erfinden Gewalt an ihnen für gewöhnlich nicht, was hätten sie denn für einen Vorteil daraus?